Antidumping-Einzelverordnungen können unter bestimmten Voraussetzungen eine Befreiung oder Reduzierung von Antidumpingzöllen ermöglichen. Das ist besonders dann interessant, wenn antidumpingpflichtige Ware aus China importiert wird.

Voraussetzungen für eine derartige Befreiung sind unter anderem eine Handelsrechnung mit besonderer Erklärung, unter Umständen Ausfuhrverpflichtungsbescheinigungen oder auch eine Verpflichtungsrechnung. Diese müssen dann bei der Einfuhr der Ware dem Zoll vorgelegt werden.

Weisen diese Nachweisdokumente aber formelle Fehler auf, besteht die Gefahr, dass nachträglich Strafzölle fällig werden.

Der EuGH soll sich in einem aktuellen Fall jetzt im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahren mit der Frage beschäftigen, ob eine Befreiung von dem Antidumpingzoll trotz formfehlerhafter Verpflichtungsrechnung möglich ist, wenn ansonsten alle Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllt sind.

Diese Frage ist in der Rechtsprechung des EuGH trotz vorheriger Vorlage beim EuGH bisher immer noch ungeklärt.

Betroffene Ware: Zitronensäure aus China

In dem konkreten Fall vor dem Finanzgericht Hamburg geht es um die Einfuhr von Zitronensäure aus China, auf die die Europäische Kommission mit der Verordnung (EG) Nr. 1193/2008 ursprünglich einen Antidumpingzoll erhoben hat.

Die Exporteurin wollte sich von diesem Antidumpingzoll befreien lassen und legte der Europäischen Kommission ein Verpflichtungsangebot vor, welches diese im Rahmen eines Beschlusses auch annahm.

Falscher Beschluss im Verpflichtungsangebot = Formeller Fehler?

In der darauffolgenden Überprüfung des Antidumpingzolls durch die Kommission legte die Importeurin erneut eine Verpflichtungsrechnung vor. In dieser wurde allerdings nicht auf den Beschluss verwiesen, der die Annahme des Verpflichtungsangebotes positiv bescheinigte, sondern auf einen anderen Beschluss.

Die Folge war, dass die Befreiung vom Antidumpingzoll verweigert wurde und eine hohe Summe an Nachzahlungen aufgrund des allgemeinen Antidumpingzolls in Höhe von umgerechnet 43 Prozent erhoben wurden. Begründet wurde die Ablehnung mit formellen Fehlern.

Einsprüche gegen die Ablehnung der Befreiung waren alle erfolglos – einer Befreiung wurde nicht stattgegeben.

Finanzgericht verneint Beeinträchtigung des Zolls

Das für Zollstreitigkeiten zuständige Finanzgericht betont in seiner Entscheidung erneut, dass Ausnahmevorschriften wie die Befreiung von Antidumpingzöllen eng ausgelegt werden müssen.

Jedoch schließt das Gericht nicht aus, dass eine Falschbezeichnung zwingend zu einer Ablehnung der Befreiung führen muss und bittet den EuGH um Klärung.

Denn im vorliegenden Fall sei die Fähigkeit der deutschen Zollbehörden zur Überprüfung der Einhaltung der Befreiungsbedingungen trotz der Falschbezeichnung nicht beeinträchtigt worden.

Hinzu kommt, dass die beiden Verpflichtungsrechnungen, die die Importeurin vorlegte, inhaltlich nahezu identisch seien.

Außerdem sei der tatsächliche Mindesteinfuhrpreis auch eingehalten worden – diese Erkenntnis könne bei der Bewertung der fehlerhaften Erklärung nicht unberücksichtigt bleiben, so das Finanzgericht Hamburg.

Ob der EuGH diese Auffassung teilt, bleibt also mit Spannung zu erwarten.

Nicht jeder Formfehler der Verpflichtungsrechnung ist schädlich

Allerdings ist trotz des Vorlagebeschlusses an den EuGH für Unternehmen von Bedeutung, dass nicht jede formelle Unstimmigkeit der Verpflichtungsrechnung zur Versagung der Antidumpingbefreiung führt.

So ist man sich im vorliegenden Fall über die Zitronensäure aus China darüber einig, dass sprachliche Abweichungen wie die Bezeichnung „European Community“ anstelle von „European Union“ nicht zur Ablehnung der Verpflichtungsrechnung führen könne.

Unternehmen sollten Formvorschriften ernst nehmen

Zu betonen ist im Kontext mit Befreiungen von Antidumpingzöllen allerdings nochmal die restriktive Handhabung der Finanzgerichte von derartigen Antidumpingzoll-Ausnahmen.

Regelmäßig wird von Unternehmen und anderen Wirtschaftsbeteiligten verlangt, sich über existierende maßgebliche Rechtsnormen und deren Voraussetzungen in Eigeninitiative zu informieren.

Formale Vorgaben an Nachweisdokumente sollten in Anbetracht des hohen finanziellen Risikos von Unternehmen also ernst genommen werden.

Wir überprüfen für Sie, ob Sie von fehlerhaften Verpflichtungsrechnungen und Antidumpingmaßnahmen betroffen sind und wie Sie weiter verfahren können.

Für Unternehmen: 15 Minuten kostenlose Erstberatung+49 40 369615-0oder Telefontermin sichern

Dieser Artikel wurde am 24. Januar 2020 erstellt. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

Ihr Ansprechpartner

  • Anton Schmoll

    Rechtsanwalt
    ABC-Str. 21
    20354 Hamburg
  • Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.